Allgemeines
Ryokan - eine Unterkunft im traditionellen japanischen Stil
In einem Ryokan sind alle Zimmer mit Tatami-Matten aus Reisstroh ausgelegt. Grundsaetzlich betritt man ein Roykan nicht mit Strassenschuhen, stattdessen werden unterschiedliche Schuhe in verschiedenen Bereichen des Hauses getragen. Im Eingangsbereich schluepft man in die bereitgestellten Hausschuhe oder laeuft struempfig oder barfuss.
Geht man in den Garten hinaus wechselt man von Haus- zu Gartenschuhen. Auch beim Besuch der Toilette steht ein
Schuhwechsel an, denn es gibt Schuhe eigens fuer die Toilette. Die Tatami-Matten in den Zimmern
werden nur struempfig oder barfuss betreten, hier heisst es Hausschuhe ganz ausziehen.
Die Zimmer werden tagsueber als Wohn- und Esszimmer benutzt und dienen nachts als Schlafzimmer.
So befindet sich tagsueber in einem Ryokan-Zimmer nur ein niedriger Tisch mit Sitzkissen und natuerlich ein Fernseher.
Die japanischen Betten, bestehend aus auseinanderfaltbaren Futons, werden erst am Abend aufgebaut.
Morgens legt man die Betten dann wieder zusammen und verstaut sie platzsparend im Wandschrank.
Japanisches Bad
Ein japanisches Bad ist traditionell mit Dusche und Badewanne ausgestattet und wird gemeinschaftlich genutzt. Nach der obligatorischen Dusche zur Reinigung steigen Japaner gerne zur Entspannung in die Gemeinschaftsbadewanne. Die japanischen Duschen sind Sitzduschen, d.h. zum Duschen nimmt man sich einen der bereitstehenden Duschhocker.
Die Duscharmaturen befinden sich dementsprechend auf Kniehoehe.
Sehr praktisch ist, dass Shampoo und Duschgel fuer alle bereit stehen.
Ins Auge faellt auch, dass in jeder Dusche bunte Plastikschuesseln und
weitere Plastikgefaesse unterschiedlicher Groesse stehen. Im Einsatz habe ich diese Schuesseln noch bei niemanden gesehen.
Fuer die Duschen gibt es uebrigens keine speziellen Schuhe, diese werden barfuss betreten.
Ist Hochbetrieb in der Dusche kann es passieren, dass sich unter 4 Duschen 5 Japanerinnen tummeln und noch drei in der kleinen Badewanne sitzen.
Das Bad steht dabei knoecheltief unter Wasser und mittendrin schwimmen bunte Plastikschuesseln.
In dieser Form war das Duscherlebnis wirklich einmalig.
Japanische Toiletten
...sind eine Wissenschaft fuer sich. Neben den klassischen japanischen Hocktoiletten gibt es Toiletten im westlichen Stil, die mit allerlei Funktionen ausgestattet sind. Aufgrund fehlender Japanischkenntnisse wussten wir lange nicht, was sich hinter den vielen Knoepfen auf der Bedienarmlehne des WCs verbirgt. Bis wir endlich ein Hotelzimmer mit eigenem Bad hatten und es ausprobierten:Zudem gibt es auf fast allen Toiletten eine Toilettensitzheizung. Und neulich habe ich auf einer Toilette einen Apparat entdeckt, der auf Knopfdruck Gurgel-und Rauschgeraeusche erzeugt, um die eigenen Geraeusche beim Toilettengang zu uebertoenen. Auch sehr praktisch ist ein direkt ueber dem Wasserkasten angebrachtes Waschbecken, in das beim Spuelen zuerst das Wasser laueft, bevor der Wasserkasten damit aufgefuellt wird.
Reisetagebuch
Grenzwechsel - 03. August 2008
Tokio. Wir koennen wieder tief durchatmen. Zwar hat es Peking geschafft, den Blick
zum Himmel zu oeffnen, aber je naeher Olympia rueckte, desto unangenehmer wurde
die steigende Praesenz der Sicherheitskraefte und die Intensitaet der Kontrollen, die aber trotzdem
sehr lueckenhaft blieben. Die Entspanntheit, die es diesbezueglich in Tokyo gibt,
laesst die Realitaet in Peking - zumindest die Realitaet im vorolympischen Peking -
nachtraeglich in einem anderen Licht erscheinen.
Waehrend Peking durch einen klaren, geometrischen Grundriss auffiel, regiert bei der
Strassenfuehrung in Tokyo das natuerlich gewachsene Chaos. Kontraer verhaelt es sich bei
der Benutzung der U-Bahn. In Peking musste man aufpassen beim Aussteigen nicht von einstroemenden
Fahrgaesten wieder zurueck in die U-Bahn gedraengt zu werden, in Tokyo bildet sich vor dem Eintreffen
der U-Bahn eine disziplinierte Schlange, die darauf wartet, dass alle Aussteigewilligen auch aussteigen
koennen. Waehrend die Aussprache von tonaler Sprache in China wieder in eine fuer mitteleuropaeer zugaenglichere
Art wechselt, bleiben uns die Zeichen groesstenteils erhalten, eine Teilmenge wurde naemlich im Japanischen uebernommen, so dass es
uns zum Beispiel sehr leicht faellt, am Flughafen den Ausgang zu finden.
Streifzug Tokio - 03.-08. August 2008
Es geht zunaechst abwaerts. In den Untergrund. Nicht nur zwei U-Bahn-Betreiber, auch Japan Railways haben sich hier durch die Erde gewuehlt und ein dichtes aber auch schwer durchschaubares Schienennetz verlegt. Selbst zur Rushhour ist es ein bequemes, zuegiges Fortbewegungsmittel. Links stehen - rechts gehen. Jeder hier scheint es an den Rolltreppen verinnerlicht zu haben, man sieht nur ein paar Touristen, die aus der Reihe tanzen. Auf mich wirkt dies nicht
abstossend gleichgeschaltet, sondern wohltuend ruecksichtsvoll und mitdenkend. Auch bei jedem Halt achtet jeder darauf, ob er jemand anderem den Weg versperrt, und gibt diesen bei Bedarf frei, auch wenn er dazu selbst kurz aus der Bahn aussteigen muss.
Es geht wieder aufwaerts. Wir sind in der Electric Street in Akihabara angekommen. Geschaeft neben Geschaeft. Selten weniger als sechs Etagen. Elektronikspielzeug, so viel das Herz begehrt oder die Geldboerse hergibt. Die Preise sind naemlich trotz guenstigem Wechselkurses nur leicht unter europaeischem Niveau. Zwischen den Elektroniktempeln strecken sich weitere Geschaeftshaeuser gen Himmel. Mit den schier endlosen Stilrichtungen im Mangakaufhaus bin ich in etwa so ueberfordert, wie mit den japanischen Schriftzeichen, so dass ich weiterziehe und mich von den laut dudelnden Automaten des naechsten Gebaeudes anlocken lasse. Im Erdgeschoss werden die Leute mit Greifarmautomaten, wie ich sie von Rummelplaetzen kenne, um ihr Geld gebracht. Hier ist Lautstaerke noch ertraeglich, was man im ersten Stock bei den Arkadespielen nicht mehr behaupten kann. Es folgen Etagen fuer Automaten bei denen man sich bewegen oder rhythmisch und exakt trommeln muss, dann fuer Strategiespiele, fuer Sportspiele und schliesslich fuer einfache Brettspiele in der Digitalvariante. Alle Ebenen sind gut besucht. Ich habe genug gesehen - und gehoert. Wenn ich glaubte, die maximale
Auspraegung von Laerm gefunden zu haben, so sah ich mich getaeuscht. Unweit entfernt stossen wir auf einen Pachinkoladen. Jedesmal, wenn sich die Eingangstuer oeffnet, dringt ein unglaublicher Laerm auf die Strasse. Im Gebauede stehen dicht an dicht mehrere hundert Spieleautomaten, die unabhaengig voneinander Laerm erzeugen und
zusammen ein Orchester des fortgeschrittenen Wahnsinns bilden. Davor sitzen Menschen aller Altersgruppen, die ebenfalls nicht weit davon entfernt scheinen. Der Laden ist vollbesetzt. Jeder Automat ist einem einarmigen Banditen sehr aehnlich. Allerdings ohne Arm, dafuer mit einem fuer mich auch nach laengerer Studie nicht nachvollziehbarem Spielprinzip. Auf jeden Fall spuckt er regelmaessig Silberkugeln heraus, die Eimerweise in den Gaengen gesammelt werden. Da ich keine Ohrstoepsel dabei habe, suche ich das Weite.
Mit der U-Bahn wechseln wir das Stadtviertel. Denn es soll weiter aufwaerts gehen. Wir fahren auf das Metropiltan Government Building, wo man einen Rundumbick auf die Millionenstadt geniessen darf. Da dies kostenlos ist, fahren wir gleich zweimal, einmal am hellichten Tag, und einmal bei Sonnenuntergang. Wir haben einen fantastischen Blick. Das
Gewitter im Hintergrund macht den Ausblick noch spannender und wir erleben, wie die Sonne durch immer mehr Leuchtreklame und andere Lichter abgeloest wird.
Ein Hungergefuehl kommt auf, und vermutlich ist es in keiner Stadt so einfach zu stillen, wie in Tokio. Alle paar Meter steht eine Filiale von einer der zahlreichen Fastfoodketten, die gutes und preiswertes Essen bieten. Zudem sind die Gerichte immer mit Bild versehen, haufig sogar als Kunststoffnachbildung ausgestellt, so dass auch die
Sprachbarriere kein Problem ist. Supermaerkte haben wir in der Innenstadt keinen gesehen, dafuer ist die Stadt uebersaet mit so genannten "Convenience-Stores", in denen man rund um die Uhr zu leicht ueberhoehten Preisen, neben Lebensmitteln, auch Drogerieartikel und Zeitschriften erwerben kann. Zudem nehmen Fertigmahlzeiten, die in der Mikrowelle vor Ort zubereitet werden, keinen unbedeutenen Platz im Sortiment ein. Diese Geschaefte sind gut besucht,
zumindest findet man immer jemanden, der gerade bei den Zeitschriften herumlungert und die neuesten Mangahefte durchstoebert oder nachguckt, wie Japanerinnen unbekleidet ausschauen.
Ein Durstgefuehl kommt auf. Ein kurzer Rundumblick und man kann sich den schoensten Automaten aussuchen, die noch
enger gepflastert sind, als die "Convenience-Stores". Neben Wasser, amerikanischen Suessgetraenken und Fruchtsaeften
gibt es auch Dosen mit kaltem Kaffee, den man schnell vermisst, wenn man Japan wieder verlassen hat. Auch Bier ist vereinzelt zu bekommen.
Wir ziehen die kommenden Tage weiter auf und ab durch die Stadt. Wir spazieren durch den Uenopark, kommen am Kaiserpalast vorbei, gehen am Fluss entlang nach Asakusa und besichtigen dort den Sensoji Tempel. Wir troedeln durch alte Stadtviertel, zum Tokio-Tower, nebenan zu den Buddha-Steinfiguren und sehen viele Seiten dieser aufregenden Stadt. Doch letztlich nur einen Bruchteil. Aber wir werden ja in drei Wochen hierher zurueckkehren.
Sendai - 08.- 12. August 2008
Wir verlassen Tokio und fahren mit der Bahn ca. 350 km nach Norden in die Stadt Sendai.
Im nahegelegenen Kuestenort Matsushima soll es eine sehr schoene Kuestenlandschaft geben,
die wir uns anschauen moechten. In Sendai wohnen wir in einer Jugendherberge, die im klassisch japanischem Stil
eingerichtet ist (siehe oben Ryokan). Nach einem langen Tag in der Bahn und anschliessenden
20 Minuten Fussmarsch mit unserem immer schwerer werdenden Gepaeck kommen wir schliesslich an.
Fuer drei Naechte haben wir ein Doppelzimmer bekommen und die vierte Nacht muessen wir in den Schlafsaal ausweichen.
Hier herrschen strenge Regeln und somit schlafen
Buben und Maedchen in getrennten Raeumen.
Die Nacht im Schlafsaal war nicht besonders erholsam. Da die Japaner alle sehr frueh aufstehen (auch im Urlaub),
beginnt das Zusammenraeumen der Futons im Schlafsaal bereits um 6 Uhr. Die ersten Wecker klingeln jedoch schon um 5.
Der offizielle Tag beginnt in der japanischen Jugendherberge um 7 Uhr mit einem froehlichen und vor allem lauten
Guten-Morgen-Ruf, der
per Lautsprecher durch alle Zimmer schallt. Eigentlich lohnt es sich nicht frueher aufzustehen, denn die Duschen
duerfen erst ab 7 Uhr benutzt werden. Und auch nur bis um 9. Die Langschlaefer
(die Gluecklichen im Dopppelzimmer) haben dann abends ab 17 Uhr fuer vier Stunden die Gelegenheit zu duschen.
Aber auch das Pech am spaeten Vormittag kein japanisches Fruehstueck mit Suppe, Reis und gruenem Tee mehr zu bekommen.
Denn die Fruehstueckszeit beginnt kurz nach 7 und um 8 sind alle laengst fertig.
Sendai hat uns nicht so stark begeistert. Zwar ist es eine huebsche Stadt mit viel gruen, aber nach so vielen Eindruecken,
die wir bisher hatten, sticht Sendai nicht hervor. Und auch unser Ausflug nach Matsushima mit der hochgelobten
Kuestenlandschaft hat uns nicht beeindruckt. Die vielen japanischen Touristen scheinbar auch nicht, denn auf der Bootsrundfahrt rund um
die vorgelagerten Inseln schlief die Haelfte der Japaner (und Markus auch).
Bahntag - 12. August 2008
Wir sind in Japan und wollen natuerlich mehr sehen als Tokio. Die Bahn soll
uns zu den schoenen Orten quer durchs Land befoerdern. Dies ist eine einfache Art der Fortbewegung,
da das japanische Schienennetz extrem gut ausgebaut ist.
Haeufig nehmen Touristen das Japan Rail Ticket, mit dem man bequem und schnell durch Japan reist.
Das waere ganz nach meinem Geschmack. Allerdings muss man dafuer auch einige Yen springen lassen,
was bei den schwaebischen Mitreisenden auf wenig Gegenliebe stoesst. Da Vernunft sich haeufig gegen Spass
durchsetzt, entscheiden wir uns fast einvernehmlich fuer eine sparsame Variante, die
ausschliesslich im August in Japan angeboten wird. Fuer 60 Euro darf man an fuenf frei
waehlbaren Tagen durch ganz Japan fahren. Und ein kleines Extra haelt das Ticket auch noch bereit.
Da man nur Regionalzuege nutzen darf, hat man viele Stunden Zeit, sich die Landschaften anzuschauen, Bahnhofsbesichtigungen zu machen oder mit Leuten zu quatschen. Waehrend unsere erste Reise von Tokyo nach Sendai recht leicht in 8 1/2 Stunden bei vier Umstiegen zu bewaeltigen ist, stellt die Strecke von Tomari nach Hamasaka uns schon vor eine Herausforderung. Dreizehn Stunden Fahrzeit bei sechs Mal umsteigen. Das heisst obwohl wir schon um 7:25 Uhr einen fruehen Zug nehmen, kommen wir erst im Dunkeln an. Orte, die nur wenige hundert Kilometer auseinanderliegen, werden mit unserem Ticket zu einer Weltreise waehrend der Weltreise.
Die Umstiege erschweren das Reisen extrem, da wir uns an jedem Umstieg schnell orientieren muessen. Uns bleiben manchmal nur wenige Minuten um zunaechst unseren Zug und dann noch das richtige Gleis herauszufinden. Und auch der
Weg dorthin will bei groesseren Bahnhoefen erst einmal gefunden werden. Gluecklicherweise halten wir die komplette Route mit allen Umsteigebahnhoefen und Abfahrtzeiten schon in der Hand. In Japan gibt es feste Linien, die meistens auch einen Namen haben. Zum Beispiel die Tohoku-Line (Nordost-Linie), die von Tokio - welch Ueberraschung - in den Nordosten des Landes fuehrt. Jede Linie und jede Richtung hat ihren eigenen Fahrplan, so dass mehrere Fahrplaene nebeneinander haengen. Es hat einige Zeit gedauert, bis wir entschluesselt hatten, wann wo und wie die Zuege fahren
und zielstrebig unseren Zug ermittelten. Wir lernten auch, dass es vielfach einfacher ist,
sich an Abfahrtszeiten als an Zielorten zu orientieren, d.h. wenn wir nicht auf Anhieb den richtigen
Fahrplan finden konnten, gingen wir von einem zum naechsten, bis wir einen mit der erwarteten Abfahrtszeit fanden.
Weg dorthin will bei groesseren Anfangs taten wir uns noch ein wenig schwer, auch weil in Tokio der hektische Berufsverkehr mit entsprechend vielen
Linien und hohem Takt die Sache nicht erleichterten. Spaeter waren wir so routiniert, dass wir Umsteigezeiten von
unter fuenf Minuten gelassen entgegen sahen. Dies liegt auch daran, dass die japoanischen Bahnen eine Puenktlichkeit haben, die einem nach Erfahrung in Deutschland und anderen Laendern schon fast unheimlich ist. Man kann seine Uhr danach stellen. Wenn man zwei Zuege herausnimmt, dann hatten wir bei ca. 50 benutzten Zuegen insgesamt eine Verspaetung von geschaetzten 5 Minuten. Wenn wir dann einen Zug ausgewaehlt und uns dort ausgebreitet hatten und er sich genau in der Minute in Bewegung setzte, die auf unserem Reiseplan angegeben war, dann wuessten wir: Wir sitzen im richtigen Zug!
Neben der Puenktlichkeit ist auch noch die Hoeflichkeit zu erwaehnen, die japanische Schaffner auszeichnet.
Betritt er einen Waggon, so begruesst er alle Fahrgaeste und verbeugt sich. Vor dem Verlassen des Waggons
ist eine weitere Verbeugung selbstversaendlich. In Deutschland waere fuer diese Freundlichkeit
wahrscheinlich eine Servicegebuehr faellig.
Derby - 15. August 2008
Als deutscher Tourist fallen einem natuerlich saemtliche deutsche Woerter ins Auge,
die im Supermarkt, auf T-Shirts oder sonstwo gedruckt sind. Auch dabei sind Blueten,
die man sich als Deutscher kaum einfallen lassen kann, und vielleicht einen
Eindruck vermitteln, wie sich englische Muttersprachler fuehlen muessen, wenn sie weltweit auf
sinnlose englische Sprachfragmente stossen oder Chinesen, wenn sie auf Westler treffen, die ach so
schoene chinesische Zeichen auf ihrer Brust tragen, die vielleicht einfach nur "Ich bin eine verdammt
dumme Sau" bedeuten.
So trug eine Frau ein T-Shirt,
das vorne noch harmlos, wenn auch orthographisch falsch, mit "Andy`s Kram" bedruckt war.
Was die Rueckseite uns sagen wollte, bleibt uns aber nach wie vor ein Raetsel.
Dort stand "An meine Brust - druecken zartes Kram".
Ein anderes mal stand in grossen Lettern "Wanderer auf der Reise" auf einem T-Shirt.
Seine Wanderung hatte auch ein Motto, er befand sich auf der "Am-Ende-der-Reise-Tour".
Eine Frau lief mit einem T-Shirt rum, auf dem "Schnee wischen" stand. Was wirklich
damit gemeint war, zeigte das Bild darunter, es war Schneewittchen.
Eine Quelle fuer all diese T-Shirt haben wir auch noch aufgetan. In Hiroshima gab es eine Boutique,
in der fast ausschliesslich Klamotten mit annaehernd deutschen Spruechen verkauft wurden.
So fanden sich dort Shirts mit "Schwanenwaltz", "Neigen von harzen zu harzen" oder
"Blumen all - wenn du mich lieb hast schenk ich dir Blumen all". Die Verkaeufer waren wahrscheinlich etwas genervt,
weil wir neugierig fast jedes T-Shirt auffalteten und unser Lachen schwerlich unterdruecken konnten.
An einem Reisetag stiess ich dann in einem der Lokalzuege auf ein Wort,
dass sich mir nicht in erster Linie als Deutscher, sondern vor allem als Anhaenger des BVBs direkt ins Bewusstsein draengt.
Ein junger Japaner trug eine Sporttasche mit der klaren Aufschrift "Koenigsblau".
Unglaeubig schaute ich noch einmal hin. Kein Zweifel, dort stand dieses eindeutig zuzuordnende Wort.
Ich sprach ihn an und sagte ihm, dass ich aus Deutschland kaeme und mir sein T-Shirt aufgefallen sei.
Ein Stolz lag in seinem Gesicht, als er darauf zeigte
und einfach nur "Schalke" sagte. Er nannte eine Reihe anderer Woerter wie "Gelsenkirchen" und
"Bundesliga", alles was er wohl schon einmal in diesem Kontext gehoert hatte.
Ansonsten sprach er aber kein Wort deutsch und nur wenige Worte englisch.
Dann zueckte er sein Handy und offenbarte einen weiteren Beweis seiner innigen Liebe zum Verein.
Er klappte es auf und praesentierte mir tatsaechlich mehrere Fotos von Kevin Kuranyi!
Meine Zuneigung zu Borussia Dortmund konnte und wollte ich natuerlich nicht verhehlen.
Erst wiederholte er "Dortmund" um anschliessend unter Beweis zu stellen, dass er sehr wohl das besondere
Verhaeltnis kennt, dass die beiden Vereine miteinander pflegen.
Er fuegte noch ein Wort zu seiner Aufzaehlung hinzu. "Derby!"
Tomari (nahe Toyama) 12.-15. August 2008
In Tomari muessen wir mit dem Taxi zur Jugendherberge fahren, da diese zu weit vom Bahnhof entfernt liegt.
Ein Passant zeigt uns, wie wir ein Taxi rufen koennen und fuehrt uns zu einem Telefon ohne Tasten.
Auf gut Glueck hebe ich den Hoerer ab und bin sofort mit der Taxizentrale verbunden. Kurz darauf trifft auch schon das Taxi ein.
Auf diese Jugendherberge sind wir besonders gespannt, denn im Uebersichtsplan wird sie mit dem Attribut
"Schrein-Stil" beschrieben.
Wir betreten ein von aussen duester erscheinendes grosses Gebaeude. Auch von innen scheint das Gebaeude riesig zu sein.
Ausser einem Japaner, der in einem der Zimmer auf dem Boden sitzt, ist keine Menschenseele zu sehen. Wie sich heraussstellt ist der Japaner auch zu Gast hier und kann uns nur den Ratschlag geben zu warten bis jemand kommt.
Links von uns ist in einer grossen Halle ein Schrein aufgebaut, rechts von uns blickt das Auge in mehrere fast leere Tatamimatten-Raeume, die ineinander uebergehen zu scheinen.
Nach einer Weile erscheint ein zweiter japanischer Gast, der gerade vom Bierholen zurueckkehrt.
Ansonsten scheint das ganze Haus wie ausgestorben zu sein.
Wir warten noch etwas und werden schliesslich von einer sympathischen Frau und ihrem Sohn willkommen geheissen, die ploetzlich wie aus dem Nichts auftauchten.
Dass wir drei Naechte bleiben wollen, finden Sie ungewoehnlich, weil die ueberwiegend japanischen Gaeste alle nach einer Nacht wieder abreisen.
Wir bekommen unser Zimmer im Nebengebaeude gezeigt und werden anschliessend sogar noch zu einem Conveniencestore gefahren um uns etwas zum Abendessen kaufen zu koennen.
Meeresbrise
Am naechsten Tag erfahren wir, dass der oeffentliche Bus fuer drei Tage nicht faehrt. Unsere liebe Herbergsfamilie
spielt Chauffeur und faehrt uns in die Stadt. Den Tag verbringen wir am Strand.
Unser erster Strandtag seitdem wir unterwegs sind. Das Wasser ist wunderbar klar und hat genau die richtige Temperatur. Jetzt noch Sand statt grosser Kieselsteine, einen Liegestuhl, Sonnenschirm, ein Eis und der Strandtag waere perfekt :).
Abends kehren wir trotz Sonnencreme feuerrot ins Hostel zurueck. Und finden vorher noch heraus, dass man sehr wohl zum Hostel laufen kann und dafuer genau 45 Minuten braucht.
Alpengluehen
Fuer den zweiten Tag in Tomari haben wir einen Ausflug in die japanischen Alpen geplant. Die Herbergsfamilie raet uns frueh aufzubrechen, und damit meint sie nicht 8 Uhr, nicht 7 Uhr, sondern eher so 5-6 Uhr morgens.
Wir einigen uns auf 6 Uhr und werden von ihrem Sohn, der jeden Tag um 5 Uhr aufsteht (auch in den Ferien) zum Bahnhof gefahren. Wir fahren zwei Stunden Bahn,
7 Minuten Seilbahn, eine Stunde Bus und stehen noch vor 10 Uhr auf 2400 Metern Hoehe mitten im dichtesten Nebel - und spaeter auch im Regen.
Die Bilder auf den Postkarten und Postern zeigen ein traumhaftes Alpenpanorama, wir koennen gerade 20 Meter weit sehen.
Es ist wahnsinnig voll in der Bergstation und im 5-Minutentakt kommen weitere Busse mit immer mehr Touristen an. Nach einem Kaffee und einem Reisbaellchen zum Fruehstueck wollen wir uns an den
Aufstieg zum Gipfel wagen. So ein bisschen Nebel stoert uns doch nicht.
Zwei Japanerinen raten uns vom Weg auf den 3015 Meter hohen Gipfel ab. Als wir uns nicht von unserem Vorhaben abbringen lassen,
bieten sie uns sogar ihre Wanderstoecke an. Wir lehnen dankend aber beharrlich ab. Dieses Angebot koennen wir beim
besten Willen nicht annehmen. Etwas verunsichert laufen wir los. Viele andere gehen den gleichen Weg wie wir, jedoch
haben die meisten Wanderstoecke dabei und wirklich alle tragen Regenjacke und Regenhose.
Das erste Scheefeld haben wir problemlos ueberquert, das Zweite war eine sehr rutschige Angelegenheit, beim Dritten kehren wir um. Zudem faengt es an zu regnen und zurueck an der Bergstation sind wir klatschnass.
Wir haben immer noch die Hoffnung, dass das Wetter spaeter besser wird.
Aber es bleibt wie es ist und auch unsere Klamotten bleiben nass wie sie sind. Wir machen uns auf den Heimweg. Es haette so schoen werden koennen.
Und auch die 3000 Hoehenmeter haben wir heute nicht ueberschritten - jetzt muessen wir wohl bis Suedamerika warten.
Hamasaka 15.-17. August 2008
Nach einem 13 Stunden Bahntag kommen wir im erst im Dunkeln in Hamasaka an. Wir haben den Stopp hier eingeplant,
da es mit unserem Ticket nicht moeglich ist an einem Tag von Tomari nach Hiroshima zu fahren. Ueber das Internet habe ich wieder eine Jugendherberge reserviert, denn andere Hostels sind rar abseits der Haupttouristenziele.
Da wir nicht genau wissen wo die Jugendherberge liegt, wollen wir uns mit dem Taxi hinfahren lassen. Ein Taxi
zu bestellen scheint leider nicht ganz so einfach zu sein. Es gibt nicht so ein tolles Taxitelefon wie in Tomari
und das Personal im naechsten Convenience-Shop versteht nicht was wir wollen.
Zum Glueck fuegt sich manchmal alles wie von selbst, vor allem in Situationen, in denen man zunaechst nicht weiterkommt.
Eine Japanerin, die gerade in dem Laden ist, hat zufaellig den gleichen Weg wie wir und wird gleich von jemanden aus der Jugendherberge abgeholt. Und so kommen wir doch noch an.
Die Jugendherberge stellt sich leider als schlechteste Unterkunft von allen bisherigen heraus. Seit der Errichtung
im Jahre 1966 scheint wirklich rein gar nichts mehr in diesem Haus gemacht worden sein. Ich vermute, dass sogar die Toilettenschuhe noch aus dieser Zeit stammen.
Viele japanische Familien sind hier fuer ein paar Ferientage hergekommen und zum Teil empoert ueber den Zustand des Hauses. Einige reisen sogar frueher wieder ab.
Wir haben fuer die zwei Naechte hier wieder nur Betten im Schlafsaal bekommen - Buben und Maedchen natuerlich wieder getrennt.
Ich habe Glueck und teile das Zimmer in beiden Naechten mit jeweils nur einem weiteren Gast. In der ersten Nacht ist
Mariko mit mir im Schlafsaal, die Japanerin, die wir schon am Bahnhof trafen. Sie
ist momentan auf dem Weg zum aeltesten Schrein Japans und hat auch einen 13 Stunden Bahntag hinter sich.
Sie erzaehlt, dass der Schrein nur alle 60 Jahre fuer zwei Wochen seine Pforten oeffnet. Sie hat noch zwei Tage Zeit bis sich die Tore wieder schliessen.
In der zweiten Nacht ist eine Halb-Japanerin Halb-Fanzoesin aus Paris bei mir im Zimmer, die gerade Urlaub in Japan macht und alleine auf einer 10-taegigen Radtour entlang der Westkueste ist.
Den obligatorischen Weckruf um 7 Uhr gibt es auch in dieser Jugendherberge. Mit dem Unterschied, dass die Lautstaerke
noch um einiges lauter ist und der Weckruf alle 10 Minuten wiederholt wird.
So sitzen die japanischen Familien auch alle brav um halb acht in ihren Ferien am Fruehstueckstisch.
Unser geplanter Entspannungstag hier faellt leider aus. Wir muessen unsere naechste Unterkunft buchen und
finden weder in der Jugendherberge noch im Ort einen Internetzugang. Ein Internetcafe scheint es erst in Tottori wieder zu geben.
Das die Jugendherberge kein Internet hat wundert uns nicht, denn schliesslich gab es das 1966 noch nicht.
Tottori ist auch nicht gerade uebersaet mit Internetcafes, aber wir fragen uns durch und finden eines.
Seltsamerweise stehen hier die einzelnen PCs in separaten Boxen.
Das Buchen unserer naechsten Uenterkuenfte erweist sich als schwierig,
da sowohl in Hiroshima als auch in Kyoto alles ausgebucht zu sein scheint. Fuer Hiroshima buchen wir schliesslich
zwei Unterkuenfte und fuer Kyoto finden wir nach langem Suchen doch noch ein Zimmer. Das letzte wie mir scheint.
Hiroshima - 17.- 21. August 2008
Nicht selten reicht einfach der Name einer Stadt um an Ereignis erinnert zu werden. Ein trauriges meist. Beispielsweise Unfaelle. Herborn. Rammstein. Groesste anzunehmende Unfaelle. Tschernobyl. Gewaltverbrechen. Gladbeck. Muenchen. Beispiellose Menschheitsverbrechen. Auschwitz. Oder blutige Kriegsschauplaetze. Gettysburg. Verdun. Stalingrad.
Wir erreichen Hiroshima. Eine pulsierende Grossstadt. Dies habe ich nicht erwartet, und ich frage mich: Was habe ich eigentlich erwartet? Die Freude ueber die "Normalitaet" mischt sich mit der erschreckenden Erkenntnis, dass die Bombe damals nicht ueber einer kleinen japanischen Stadt abgeworfen wurde. Schon gar nicht ueber einer unbewohnten Insel.
Die Stadt hat ihr "normales" Leben wieder und doch nimmt hier die Erinnerung an die Geschichte und ihre Mahnung fuer die Zukunft einen grossen Raum ein. Der Friedenspark, unweit des Epizentrums der Vernichtung, hat eine beachtliche Dimension. Viele Gedenkstaetten wurden hier errichtet. Eine Friedensuhr. Gedenksteine. In Sichtweite stehen die Ueberreste des A-Bomb-Domes als Mahnmal. Eine Friedensglocke wird regelmaessig von Besuchern in Schwingung versetzt.
In mehreren Vitrinen werden Papierkraniche ausgestellt, die aus aller Welt zugeschickt werden. Dies geht auf die Geschichte eines kleinen Maedchens zurueck, die ein Opfer der Bombe wurde. Von der Radioaktivitaet schwer gezeichnet, beginnt sie, Kraniche zu basteln, mit der Hoffnung, dass eintausend davon sie wieder gesunden lassen. Es gelingt ihr nicht.
Im Mittelpunkt des Friedensparks steht das Friedensmuseum. Die Ausstellung beginnt mit der Darstellung des Lebens in Hiroshima vor dem Abwurf der Bomba. Zunaechst wird das unbeschwerte Leben gezeigt in einer lebenswerten Stadt, dessen
Zentrum auf einer Insel inmitten eines Flusses liegt. Doch Hiroshima hat auch schon lange eine militaerische Bedeutung. Von hier werden viele der agressiven Feldzuege auf dem Festland koordiniert und die Soldaten eingeschifft. Das Leben 1945 ist schon deutlich von der sich abzeichnenden Niederlage gezeichnet. Feuerschneisen werden in Erwartung von Bombenangriffen von zwangsverpflichteten Jugendlichen in die Stadt geschlagen. Japans Hauptinsel Hondschu bereitet sich auf die Invasion vor und hat neben Tokio in Hiroshima ein zweites Oberkommando errichtet. Hunger und Mangel bestimmen den Alltag.
Der naechste Teil beschaeftigt sich mit drei Grundfragen: Warum wurde die Bombe gebaut? Warum wurde sie abgeworfen? Warum wurde Hiroshima ausgewaehlt? Die Entscheidung zum Bau fiel 1941. Japan, Deutshland und ihre Verbuendeten waren zu diesem Zeitpunkt noch dabei ihren Schreckensbereich auszudehnen. Zudem gab es Anzeichen, dass Deutschland selbst eine Bombe bauen will. Die zweite Frage ist schon schwieriger zu beantworten. Die Ausstellung gibt drei Alternativen vor, die die Amerikaner erwogen. Eine verlustreiche konventionelle Invasion von Hondschu, der Kriegseintritt
Russlands, was dessen Einfluss vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Kalten Krieges vergroessert haette oder der Einsatz der Atombombe. Fuer diese Option sprachen wohl auch die enormen Entwicklungskosten und der Wunsch, "die Auswirkungen untersuchen zu koennen". Und damit kommen wir schon zur Beantwortung der dritten Frage. Um die Folgen bestens wissenschaftlich auswerten zu koennen, fiel die Wahl auf eine Stadt mit mindestensn fuenf Kilometern Durchmesser. Zudem wurden alle Staedte, die als Ziel in Frage kamen, nicht konventionell bombardiert. Eine Liste mit mehreren Staedten Japans wurde immer kuerzer, bis nur Hiroshima uebrigblieb. Am 6. August 1945 warf das Flugzeug "Enola Gay" die erste Atombombe der Menschheitsgeschichte ab. Ohne Vorwarnung. Auf eine Grossstadt.
Der letzte Teil der Ausstellung befasst sich intensiv und anhand von vielen Einzelschicksalen mit den Folgen des Abwurfs. Sie beschaeftigt sich mit den Auswirkungen der Hoelle aus Hitze, Feuer und Radioaktivitaet, deren erschuetterlichen Details ich mir hier erspare. Doch wurde die Stadt buchstaeblich dem Erdboden gleichgemacht.
Die Ausstelllung endet mit Hoffnung. Die Bewohner glaubten, dass nach der Explosion fuenfzig Jahre lang nichts mehr in Hiroshima wachsen wueerde, doch schon Ende 1945 trieben die ersten Pflanzen wieder aus.
Fuer mich schliesst sich auch ein Kreis. 1997 habe ich im Luft- und Raumfahrtsmuseum in Washington "Enola Gay" gesehen, und jetzt konnte ich mir ein Bild von dem machen, was er angerichtet hat.
Neben der Trauer und dem Tod, die Hiroshima bis heute durch die Bombe begleiten, kehrte auch schnell wieder Hoffnung zurueck. Wir haben uns auch mit der Gegenwart der Stadt beschaeftigt und vertrieben uns an den anderen Tagen die Zeit
im wunderschoenen Shukkeien-Park. Wir sahen die Burg von Hiroshima. Genossen das Leben in den lebendigen Einkaufsstrassen und Passagen der Stadt. Nach Tokio hat uns Hiroshima als Stadt in Japan am besten gefallen. Der Tagesausflug zur Insel Miyajima hat unseren Aufenthalt abgerundet. Dort steht der Itsukushimaschrein, der nicht zuletzt wegen des Toriij bekannt ist, welches vor der insel im Wasser steht. Bei Ebbe kann man durch das Watt direkt zum Toriij laufen und abends den Sonnenuntergang vom Ufer verfolgen. Zwischendurch haben wir noch einen kurzen Ausflug auf den Gipfel der Insel unternommen, von wo wir einen schoenen Blick auf das Toriij und das Festland hatten.
Kyoto 21.-26. August 2008
Endlich fuenf Naechte an einem Ort denken wir als wir in Kyoto ankommen. Und auch diese Zeit soll wieder wie im Sauseschritt vorbeigehen.
Kyoto ist das Zentrum der traditionellen Kultur und blickt auf eine ueber 1000-jaehrige Geschichte als
Hauptstadt Japans zurueck. So ist es nicht verwunderlich, dass man an jeder Ecke auf einen Tempel oder Schrein trifft.
Wer will kann hier 1600 buddhistische Tempel, 400 Shinto-Schreine und unzaehlige Pagoden, Palaeste und Gaerten
anschauen. Da wir das beim besten Willen in vier Tagen nicht schaffen und auch etwas muede sind von der bisher rastlosen Japanrundreise schauen wir uns nur ausgewaehlte Sehenswuerdigkeiten an und
sind dennoch wieder an drei von vier Tagen von morgens bis abends unterwegs.
Am ersten Tag in Kyoto ziehen Markus und ich getrennt los und jeder kann mal wieder machen was er will, ohne jeden Weg, jede Essenspause, jedes Ziel mit dem anderen abstimmen zu muessen.
Ich nutze die Gunst der Stunde um in der Innenstadt in aller Ruhe von Shop zu Shop
zu schlendern und mich ausgiebig in den Souvenierlaeden mit ihrem schoen-kitschigen Angebot
aufzuhalten. Die Tempel muessen warten. Kleine Figuren als Handyanhaenger sind sehr beliebt bei den Japanern
und so finden sich unzaehlige davon in den Souvenirlaeden. Man sieht immer
wieder Japanerinen und Japaner, deren Handys mit Anhaengern eher einem Weihnachtsbaum gleichen als einem Telefon. Die Anhaenger-Varianten orientieren sich immer an den oertlichen Sehenswuerdigkeiten.
So findet man zum Beispiel die beliebte Hello-Kitty in Kyoto als Geisha verkleidet, in Nara als Hirsch und auf Mijayima als Reh, in Hiroshima neben dem A-Dome stehend und in einigen Tempeln liegt sie in Buddhas Armen.
Nach dem Einkaufsbummel und dem Besuch des Kiyomizudera-Tempels mache ich noch einen Abstecher ins traditionelle Gion Viertel.
Hier ist die Chance hoch, auf der Strasse auf eine Geisha zu treffen,
die auf dem Weg ins Ochaya (eine Art Geisha-Veranstaltungshaus) ist. Ich habe Glueck, sofort als ich ankomme,
laueft hinter mir eine Geisha eine schmale Gasse hinunter. Alle weiteren Geishas konnte ich nur in einem Tumult aus Touristen sehen.
Je spaeter es wurde desto mehr Touristen fanden sich mit ihren Kameras und Riesenobjektiven in dem Viertel zum Geisha-Spotting ein.
Neben jedem wartenden Taxi bildete sich eine Traube von Touristen, denn hier war die Wahrscheinlichkeit, dass eine Geisha auftaucht besonders hoch.
Die Szenerie von lauernden Touristen, die wie eine Horde ueber jede sich zeigende Geisha herfallen, erinnert stark an die Berufspaparazzi
- also lieber nichts wie weg.
Fushimi-Inari-Schrein
Wir fahren nach Inari, in nur 20 Minuten waren wir da. Gute Voraussetzungen, um beim diesjaehrigen Fahrplanwettbewerb zu glaenzen. Aber Inari hat mehr zu bieten: Einen Tunnel aus 10.000 rotleuchtenden Torri, der sich kilometerlang den Weg hinauf zum Fushimi-Inari-Schrein schlaengelt.
Durch die Torii hindurchzuwandern ist einmalig. Obwohl wir bei schlechtem
Wetter dort sind, leuchten die Torii kraeftig in ihrem rot-orangenen Anstrich und zeichnen sich stark von dem satten dunkelgruenen Wald ab, in den sie
so wunderbar hineinpassen. Auf dem Weg nach oben passieren wir mehrere Schreine, die unterschiedlicher nicht sein
koennen. Einige bestehen aus einem einzigen
grossen Schrein, andere sammeln um sich herum noch hunderte kleiner Schreine. Jedem Schrein wohnt ein anderer Gott inne. Man kann zwar an jedem Schrein fuer alles bitten,
aber es gibt Schreine, die fuer bestimmte Wuensche praedestiniert sind. Ein sehr schoenes Bild gab eine Katze ab, die wie in sich gekehrt vor einem Schrein sass - leider war sie mit ihrem Gebet schon fertig, bevor ich meine Kamera bereit hatte.
Ausflug nach Nara
Nara gilt als die Wiege Japans und ist Geburtsort der japanischen Kunst und Literatur. Von 710 bis 784 war Nara die Hauptstadt Japans. Hier gibt es einige der aeltesten Tempel Japans zu sehen.
Aber ich muss zugeben, nach so vielen Tempeln, die wir schon gesehen haben freute ich mich mehr auf das
Wahrzeichen Naras: unzaehlige zahme Hirsche, auf die man fast ueberall in der Stadt trifft. Die Verkaeuferin, bei der ich Futter fuer die Tiere kaufte, uebergab mir die Kekse mit den Worten: "Don't stop, walking, walking, walking."
So hatte ich mir das nicht vorgestellt, hinter mir sammelte sich sofort eine Herde Hirsche, die mit jedem Schritt
groesser und aufdringlicher wurde. Bleibt man stehen, treten sie einem auf die Fuesse.
Das ist vor allem mit Sandalen nicht ganz so angenehm. Ich belies es bei der einen Packung Futter und schaute dann
lieber den anderen Touristen zu wie sie sich beim Fuettern anstellten.
Begegnungen - 23. August 2008
Zwischenmenschliche Begegnungen sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Japanaufenthaltes. Dies ist kein Zufall,
da die Japaner sehr hoeflich und unglaublich hilfsbereit sind. Alle unsere diesbezueglichen Erlebnisse
aufzuschreiben, wuerde diesen Blog sprengen, aber ein paar Beispiele aus unserem Alltag moechte ich kurz nennen.
Wir waren in Sendai auf der Suche nach unserem Hostel. In das richtige Viertel hatte uns die Wegbeschreibung gefuehrt,
als es dann darum ging, die letzte Seitenstrasse zu finden, war der vereinfachte Stadtplan - wie so oft - keine Hilfe mehr.
Wir gingen auf eine Japanerin zu und zeigten ihr unsere Hosteladresse. Wir hofften, dass sie uns wenigstens
eine grobe Richtung anzeigen koennte, doch weit gefehlt. Sie drehte sich einfach um und ging in die Richtung aus der sie
gekommen war. Und dann bekamen wir demonstriert, dass der Ausdruck "jemanden den Weg zeigen" wohl aus dem Japanischen kommt
und was bei uns haeufig zu einer groben Richtungsangabe verkuemmert ist, in Japan woertlich genommen wird.
Sie forderte uns auf, ihr zu folgen, denn sie will uns direkt zur Jugendherberge fuehren. Leider drehten wir
in diesem Fall eine Runde durchs Viertel, ohne dass wir am Ziel ankamen, doch eine Loesung war schnell gefunden.
Sie sprach einen weiteren Japaner an, der sich spontan unserer neu gegruendeten Reisegruppe anschloss und
kurze Zeit spaeter standen wir direkt vor unserem Hostel. Mit einer herzlichen Verabschiedung loeste sich die Gruppe
dann wieder auf.
An einem Reisetag hatten wir nur wenig Zeit fuer unseren Anschlusszug. Um das Gleis schon im Vorfeld herauszukriegen,
sprachen wir im Zug einen aelteren Japaner an. Der nickte und zeigte uns an, ihm zu folgen. Dies taten wir. Er lief schnellen Schrittes
durch den halben Bahnhof, uns im Blick, ob wir auch schnell genug folgten, die Schilder im Blick, um das richtige Gleis zu finden.
Am anderen Ende der Verteilerebene waren wir richtig. Er wiederholte den Namen der Stadt, wo wir hin wollten,
und zeigte auf das Gleis am Ende der naechsten Treppe. Dort stand schon unser Zug, den wir ohne Hilfe
mit Sicherheit verpasst haetten.
In den japanischen Alpen hatten wir uns ein grosses Ziel gesetzt. Wir wollten einen Gipfel erklimmen, der eine besondere
Aussicht versprach. Der unerwartete Nebel brachte uns nicht von uneren Plaenen ab, allerdings mussten wir uns noch orientieren, welcher Weg denn
der richtige sei. Der Uebersichtsplan war rein japanisch, so dass wir sicherheitshalber zwei neben uns stehende
Japanerinnen ansprachen. Leider sprachen sie kein englisch und bedauerlicherweise macht unser japanisch nur wenig Fortschritte,
allerdings reichte es, um ihnen unser Ziel verstaendlich zu machen. Ein unglaeubiges, langgezogenes "Ohhhhh" ertoente im Chor,
ihr Blick fiel auf unser Schuhwerk und trotz Trekkingschuhen wurde der Ton noch verstaerkt. Sie zeigte auf ihren Wanderstock,
wir zuckten mit den Schultern und signalisierten, dass wir von unserem Ziel nicht abweichen. Ein kurzer Moment des Nachdenkens brachte
die Erkenntnis, dass man zwei naive, europaeische Touristen nicht ohne passende Ausruestung auf diese Tour gehen lassen darf.
Sie bot uns tatsaechlich ihren Wanderstock an, dabei spielte es fuer sie anscheinend keine Rolle, dass wir aufgrund
der sprachlichen Barriere keine
Moeglichkeit hatten zu verabreden, wann und wo wir den Stock zurueckgeben koennten.
Unter diesen Umstaenden konnten wir das Angebot natuerlich nicht annehmen,
allerdings ist eine Ablehnung hier nicht gerade leicht. Irgendwie schafften wir es trotzdem.
Die Gipfelerstuermung fand uebrigens an der dritten Eisscholle bei
einsetzendem Regen ihr fruehzeitiges Ende.
In Kyoto ueberraschte uns ein Schauer, so dass wir vor einem kleinen Geschaeft unter das Dach fluechteten.
Die Minuten vergingen, es war keine Besserung in Sicht. Ploetzlich oeffnete sich hinter uns die Ladentuer
und die Besitzerin kam heraus. Mit einem Schirm in der Hand. Bei diesem Wetter nichts Ungewoehnliches, ungewoehnlich
war nur, dass sie ihn uns anbot. Mittlerweile von dieser Art der Hilfsbereitschaft nicht mehr ueberrascht aber nach wie vor
sehr angetan, nahmen wir das Angebot dankend an und brachten den Schirm dann nach ueberstandenen Schauer zurueck.
In Tomari standen wir Orientierungssuchend vor dem Bahnhof. Wir brauchten ein Taxi, allerdings war weit und breit keines zu sehen..
Wir sprachen einen Japaner an und erwaehnten das internationale Wort "Taxi". Er forderte uns auf ihm zu folgen und lief zu einem
kleinen Haeuschen am anderen Ende des Vorplatzes und zeigte dort auf ein Telefon, das sich im Innern des Gebaudes befand. Tatsaechlich
bestand wohl der einzige Zweck dieses Telefons darin, ein Taxi zu bestellen. Auch in englisch.
Nicht unerwaehnt bleiben sollen das Paerchen, das uns in Tokio bei der Benutzung der Telefonkarte tatkraeftig zur Seite sprang.
Oder das amerikanisch-japanische Paerchen, das wir auf dem Weg nach Sendai kennenlernten, und uns viel ueber Japan erzaehlen konnte. Auf dem selben Weg lernten wir einen Japaner kennen, der viele Jahre in Bremen
und Duesseldorf verbracht hat, und uns nicht nur an der Touristeninformation unterstuetzt haette, sondern wahrscheinlich auch durch halb oder vielleicht auch ganz Sendai gefuehrt haette.
Oder ein Ehepaar auf dem Weg nach Tomari, das ebenso eine Bereicherung war, wie Marikas Hilfe das Hostel in Hamazaka zu erreichen
oder wie die liebevolle Unterstuetzung einer Frau in Kyoto,
die uns den Weg zum Hostel zeigte (den Weg, nicht die Richtung) und uns zudem noch zeigte, wo sie wohnt, da sie uns gerne helfen koennte,
wenn wir mal Probleme haetten. Wir koennten noch mehr Beispiele nennen, aber wie gesagt, dies wuerde den Blog sprengen.
Tokio - 26.-31. August 2008
Wir kehren zurueck nach Tokio. Von hier geht unser Flieger nacch Shanghai. Wir haben uns darauf gefreut, diese
lebendige Metropole noch einmal wiederzusehen, bevor wir weiterziehen. Die grobe Orientierungsphase entfaellt. Wir nutzen die Tage, in dem wir ein wenig durch die Strassen und Geschaefte bummeln, abseits der grossen Sehenswuerdigkeiten. Wir versuchen, unsere Sicht auf die Stadt zu erweitern, nehmen uns Zeit fuer Strassenfeste und Karneval. Am 31. heisst es dann endgueltig Abschied nehmen von der Stadt und dem Land, von dem bunten Leben hier, welches uns viel Freude bereitet hat. Es heisst:
Auf Wiedersehen, Tokio! Auf Wiedersehen, Japan!




