Reisetagebuch

Anreise - 08. - 09. Februar 2009

Das Kapitel Asien ist beendet, das Kapitel Suedamerika eroeffnet. Und uns steht buchstaeblich ein harter Uebergang bevor. Ein langer Uebergang und er fuehrt ueber einen Ort, den wir im nachhinein gerne gemieden haetten.
48 Stunden sind es von Tuer zu Tuer, davon 27 Stunden reine Flugzeit. Die Zeitverschiebung betraegt neun Stunden, statt der deutschen Zeit wie bisher sechs Stunden voraus zu sein, liegen wir nun drei Stunden zurueck. Um sechs Uhr morgens verlassen wir unser Hostel in Bangkok, per Taxi geht es zum internationalen Flughafen und international ist Fuji diese Etappe auf jeden Fall. Zunaechst nehmen wir Abschied von Bangkok und Thailand und fliegen von dort nach Tokio. Kurz vor der Ankunft koennen wir noch einen Blick auf den Fuji werfen, den wir auf dieser Reise leider nicht erklimmen konnten und einen von vielen guten Gruenden liefert, noch einmal nach Japan zurueckzukehren. Ein wenig Wehmut kommt auf, dass unser Stopp in Tokio nur eine Zwischenlandung ist, denn gerne erinnern wir uns an die vier tollen Wochen die wir hier und in anderen Teilen Japans verbringen durften. Drei Stunden spaeter sitzen wir schon wieder in einem Flieger und diesmal heben wir zum letzten Mal fuer die naechste Zeit von asiatischem Boden ab. Wir richten unseren Blick nach Amerika.
Abflug in Tokio: 8. Feb, 19 Uhr. Von hier geht es quer ueber Alaska in die USA. Ankunft in New York 8. Feb, 17 Uhr. Dies ist kein Tippfehler, es ist wirklich ein Flug in die Vergangenheit, da wir die Datumsgrenze ueberschreiten. Eine kleine Skurilitaet am Rande.
Wir machen auf dem Flughafen JFK in New York einen Zwangsstopp zum Auftanken, denn eigentlich geht dieser Flug bis Sao Paulo. Zwang ist auch das vornehmliche Gefuehl, dass einen auf dem ganzen Flughafen beschleicht. Nichts ist nach dem 11. September uebrig von der Gelassenheit, die ich 1997 noch in Newark erfahren durfte. Damals wurde ein Passagier vor mir von dem Beamten nach seinem Beruf gefragt. "Seismologe". Der Beamte antwortete mit einem Lachen, "Oh, erwarten Sie hier in naechster Zeit Erdbeben?". Dies ist heute undenkbar. Schon drei Tage vor dem Flug mussten wir online eine Einreiseerlaubnis einholen, bei der wir mit Fragen konfrontiert wurden, wie "Waren sie jemals an terroristischen Aktionen beteiligt?". Doch vor Ort geht die Schikane zum "Kampf gegen den Terrorismus" erst richtig los. Obwohl wir nur Transit in New York unterwegs sind, muessen wir komplett durch die Immigration laufen, und das heisst in den Flugzeug postmodernen Vereinigten Staaten, dass die Fingerabdruecke genommen werden. Und nicht nur einer, was fuer die spaetere Identifizierung durchaus reichen wuerde, alle zehn werden eingescannt. Dazu kommt die Freundlichkeit der Grenzbeamten. Ton, Gestik und Mimik lassen Zweifel aufkommen, dass ich mich auf einem Flughafen befinde. So aehnlich muss es in einem Militaercamp zugehen. Nie zuvor in meinem Leben bin ich so derbe rumkommandiert worden. Kein Bitte, keine Freundlichkeit.
Doch schliesslich sind wir durch. Kurz nach der Einreise, beginnt auch schon wieder die Ausreise, wir und unser Handgepaeck werden noch einmal gruendlich durchleuchtet, wenig spaeter stehen wir in der Schlange an unserem Gate. Dann duerfen wir noch einmal einen Eindruck vom heutigen Amerika bekommen. Ein Russe sucht seinen Flieger nach Moskau. Er spricht eine Sicherheitsbeamtin an, und fragt sie an welchem Gate sein Flugzeug starte. Statt einer Antwort bekommt er die unfreundliche Aufforderung seine Bordkarte vorzuzeigen. Er zoegert, weil er sie vielleicht nicht greifbar hat oder die Aufforderung einfach nicht verstanden hat. Dies ist ein Fehler. Der Ton wird schaerfer, Er ist schneidend. Jetzt soll er nicht nur seine Bordkarte vorzeigen, auch seine Ausweispapiere werden verlangt. Zudem wechselt die Beamtin in eine bedrohende Koerperhaltung und vergroessert den Abstand zu dem Russen. Dieser weiss nicht, wie ihm geschieht. Er will doch einfach nur wissen, wo sein Flieger startet.
Wir haben die Schnauze gestrichen voll und sind froh, wenn wir endlich in den Flieger kommen. Wir werfen noch einen Blick auf die Plakate die ueberall am Flughafen aufgehaengt sind. Auf diesen macht das Sicherheitspersonal Werbung fuer sich und seine "Professionalitaet". Eine Beamtin ist abgebildet und daneben der Slogan "We are the face of the Argentinien nation". Danke, wir haben genug. So genau wollten wir das gar nicht wissen.
Mit New York haben wir ueber die Haelfte unseres Fluges geschafft. Vor wenigen Stunden noch ueber Alaska geht es jetzt Richtung Suedhalbkugel. Nach weiteren neun Stunden Flug sind wir in Sao Paulo, dass aus der Luft wie ein riesiges Modell wirkt. Noch drei Stunden muessen wir auf dem Flughafen totschlagen. Hier ist es gemuetlich, fast provinziell im Vergleich zu Bangkok, Tokio und New York. Zudem laesst eine Kneipe geradezu heimatliche Gefuehle aufkommen, sie traegt den schoenen Namen "Eisenbahn". Den letzten Abschnitt nach Buenos Aires bewaeltigen wir dann in der vergleichsweise kurzen Flugzeit von gerade einmal drei Stunden. Wir haben es geschafft. Unser Taxi steht schon bereit um uns die letzten Kilometer zu unserem Hostel zu fahren. Dort fallen wir erschoepft aber gluecklich auf unsere Betten und stellen unglaeubig fest: Wir sind in Suedamerika!

Kleiner Nachtrag: In Argentinien habe ich gerne mit US-Amerikanern ueber unsere Erfahrungen in New York gesprochen. Einige schuettelten nur mit den Kopf, dass man beim Transit so behandelt wird, anderen war es einfach nur peinlich.

Grenzwechsel - 09. Februar 2009

Wir verabschieden uns von Curryreis mit Huhn und beissen in leckere, saftige Rindersteaks. Wir verabschieden uns von asiatischer Zurueckhaltung und erleben extrovertierte, suedamerikanische Ausgelassenheit. Wir verabschieden uns von Musik Vetternwirtschaft und Schleppertum, und fuehlen uns beim Ausstieg aus dem Bus seltsam alleingelassen. Wir tauschen Strassenkueche gegen Strassentango. Die Strassen sind nicht wuselig, sie sind ueberdimensioniert und leer. Auf ihnen fahren keine TukTuks, aber echte Oldtimer. Wir vermissen die ueberladenen Motorraeder und LKWs und freuen uns ueber die Rueecksichtnahme im Strassenverkehr. Wir muessen auf Reiswein verzichten, aber der Rotwein ist hier ausgezeichnet. Wir freuen uns ueber mehr altbekanntes und vermissen das voellig andere Leben. Wir besichtigen keine Tempel, hier stehen Kirchen. Safrangelb war die Farbe in Suedostasien, hier ist es das blau des Himmels und des Eises. So neu uns die Kultur in Asien war, so neu sind uns hier die Landschaften.

Buenos Aires - 09. - 20. Februar 2009

Schritt. Schritt. Pause. Ein langer Flug liegt hinter uns und er fordert seinen Tribut. Wir kommen angeschlagen Centro Buenos Aires am Nachmittag in Buenos Aires, der Welthauptstadt des Tangos an. Nur ein nachdrueckliches Draengen unserer leeren Maegen befoerdert uns noch einmal vor die Tuer. Wir muessen feststellen, dass es um 17 Uhr alles andere als einfach ist, ein Lokal zu finden. Es ist Nachmittagsruhe vor dem abendlichen Sturm. Erst um 18 Uhr wagen es die ersten Restaurants zaghaft, Kundschaft einzulassen. Nachdem der Magen endlich Ruhe gibt, meldet sich der Rest, der sich nach einer Riesenmuetze Schlaf sehnt. Wir geben gerne nach.
Pause. Pause. Pause. Tag eins nach der halben Erdumkreisung. Kurz nach dem Aufwachen meldet sich schon wieder unser Koerper. Er bittet um mehr Schlaf. Gerne.
Schritt. Pause. Schritt. Pause. Es geht zur ersten Erkundung. Wir nehmen uns das Zentrum rund um den Plaza de Mayo vor. Mit viel Gemuetlichkeit. Wir sehen viele Kolonialbauten vor modernen Wolkenkratzern rund um die lebhafte Innenstadt. Diese pulsiert, auch wenn das Herz der Stadt immer mehr im Stadtteil Palermo schlaegt. Wir werfen noch einen Blick in die Galerias Pacifico mit ihrem imposanten Deckenfresko, dann geht es zurueck nach San Telmo und wir San Telmo geniessen die europaeischen Einfluesse in Form des schoenen Plaza Dorrego mit seinen Strassencafes. Und da wir in Buenos Aires sind, hoert es damit nicht auf. Musik ertoent aus allen Richtungen. Kleine Bands und Tangotaenzer versuchen ein paar Pesos zu verdienen und schaffen nebenbei eine wundervolle Atmosphaere. Auch das sonstige Viertel zeigt sich von seiner Sonnenseite. Seine Strassen aus Pflastersteinen, auf denen unzaehlige gut und weniger gut gepflegte Oldtimer abgestellt sind, versetzen jeden Nostalgiker in Entzuecken. Uns auch. Dazu kommt der atemberaubende, knallblaue Himmel, der waehrend unseres Aufenthaltes staendig ueber der Stadt thront. Manchmal bleiben wir einach stehen und schauen nach oben und geniessen den Anblick. Der Himmel ist der schoenste, den wir seit der Mongolei gesehen haben. Ein schoener Ort fuer unser Tagesabschlussbier.
Schritt. Schritt. Schritt. Pause. Die Nachwirkungen des Flugmarathons haben eine nuetzliche Phase erreicht. Die totale Erschoepfung ist vorueber, aber der Jetlag treibt uns um 6.30 Uhr aus dem Bett. Leider gibt es erst ab 7.30 Uhr Fruehstueck. Wir starten unsere Stadterkundung jetzt mit ganzer Kraft. Zunaechst gehen wir an der alten Hafenanlage Engel Friedhof Recoleta vorbei, die in ein Wohn- und Kneipenzentrum verwandelt wurde. Dass hier auch der Yachtklub liegt ist kein Zufall, dieser Teil der Stadt ist kein sozialer Wohnungsbau. Danach geht es nach Recoleta und dort lassen wir uns ausgiebig Zeit fuer den bekannten Friedhof. Dicht an dicht stehen die Gruften. Liebevolle Inschriften und Fotos erinnern an die Verstorbenen, ausdrucksvolle Marienfiguren und schwunghafte Engel blicken von den Daechern hinab. Kolossale Prunkbauten oder gepflegte Familiengruften sind die Ruhestaetten fuer die Verstorbenen der Stadt, viele Unbekannte und Weltberuehmtheiten wie Evita. Wir verlassen die angenehme Atmosphaere des Friedhofes und machen eine Pause, in der wir uns einer weiteren Spezialitaet der Stadt widmen: Bife de Lomo, das auf der Zunge zergeht. Danach ziehen wir weiter durch Recoleta, das neben dem Friedhof noch zahlreichen Museen und Universitaeten Platz bietet. Auch eine ueberdimensionierte Blume, die sich nach der Sonne dreht, sich morgens oeffnet und abends schliesst. Dann sind wir erst einmal erledigt. In San Telmo wartet nur noch ein Tagesabschlussbier auf dem Plaza Dorrego auf uns.
Schritt. Schritt. Pause. Palermo. Ein neuer Stadtteil, viele neue Gesichter. Mit Palermo zahlreihen grossen Parkanlagen gibt es hier die besonders gruene Seite einer gruenen Stadt zu sehen. In Palermo Viajo spiegelt sich rund um den gleichnamigen Platz die Einfluesse der vielen Einwander aus zahlreichen Laendern wider. Nebenan in Palermo Hollywood spielt die Musik buchstaeblich jede Nacht. Und Palermo Alto bietet genug Gelegenheiten um alle Kaufsuechtigen zufrieden zu stellen. Fuer uns war der Reiz dieses in einem Tagesmarsch schwer auszumachen, aber doch hoerten wir den Namen immer wieder, gerade von Einheimischen. Der Gang durch das groesste Stadtviertel hat uns ermuedet. Es wartet nur noch ein Tagesabschlussbier auf dem Plaza Dorrego auf uns.
Schritt. Pause. Schritt. La Boca. Es ist bunt. Uebertragen und buchstaeblich. Neben den tristen Mietskasernen Stadion im vergleichsweise armen Stadtviertel im inneren Stadtkern von Buenos Aires beginnt der Trubel. Der Fussballtrubel. La Boca ist die Heimat der Boca Juniors und ihrem Stadion, der "Pralinenschahtel". Heute ist Heimspiel und wie ich es aus Dortmund kenne, ziehen unzaehlige Menschen mit Trikot durch das Viertel und versuchen noch ein Ticket zu erstehen oder sich auf das Spiel einzustimmen. Auch wir wollen uns die Gelegenheit, suedamerikanishen Fussball zu erleben, nicht entgehen lassen. Leider sind Sitzplaetze schon vergriffen und aus dem Respekt heraus, dass es bei suedamerikanischer Emotionalitaet manchmal etwas handgfreifich werden kann, beteiligen wir uns an einer Turitour. Ziemlicher Nepp, aber wenigstens kommen wir in letzter Minute noch ins Stadion. Der harte Kern der Fans zieht in einer Art Triumphzug kurz vor Anpfiff auf ihre Tribuene, und diese machen dann ununterbrochen Stimmung, mit sehr stimmungsvollen Gesaengen. Die Bocas verlieren heute leider 0:2, so dass es uns versagt bleibt, den Torjubel zu erleben, aber zumindest ist es faszinierend zu sehen, dass das Stadion bei einem Gegentor nicht still wird. Ganz im Gegenteil, die Unterstuetzung des eigenen Teams wird trotz eines grottigen Kicks, noch staerker. Wir nehmen ein schlechtes Spiel, suedamerikanische Fangesaenge La Calimeta und eine Vielzahl spanischer Schimpfwoerter mit zurueck in unser Hostel. Zudem die Erkenntnis, dass die Stimmung schon besonders gut ist, sich die Dortmunder aber davor nicht zu verstecken brauchen. Neben diesen tristen und stimmungsvollen Eindruecken wird es dann in La Boca noch einmal richtig bunt. Wir gehen zur La Camineta, einem Strassenzug, in dem die Fassaden der Haeuser mit Farbresten kunterbunt gestrichen wurden. Wirklich schoen anzuschauen. Dies denken sich allerdings viele, so dass es wohl der touristischste Flecken der Stadt ist, wie uns auch die unzaehligen Busse klarmahen, die hier parken. Aber so ist es halt mit schoenen Orten. Wir gehen zurueck nach San Telmo. Es wartet nur noch ein Tagesabschlussbier auf dem Plaza Dorrego auf uns.
Schritt. Schritt. Schritt. Sonntag. San Telmo veraendert sein Gesicht. Die Defensa ist fuer den Jahrmarkt San Telmo Autoverkehr gesperrt. Es ist Zeit fuer den Flohmarkt. Kilometerlang stehen die Troedelstaende ie Strasse hinauf, an denen sich die Menschenmassen vorbeischieben. Doch wir sind in Buenos Aires. Und hier gibt es nicht nur Troedelstaende, hier gibt es auch Musik. Viel Musik. Kombos ziehen durch die Strasse, kleine Orchester stehen mit Streichern und Klavier am Strassenrand und sorgen fuer eine zauberhafte Atmosphaere. Man geraet unversehen ins Wippen, andere sind gar nicht mehr zu halten und tanzen in der Strasse Tango oder zu anderen Rhythmen. Es ist wunderbar. Es ist einzigartig. Dies ist einer der letzten Eindrueke von Buenos Aires, von dem wir uns schweren Herzens verabschieden muessen.

Lujan - 16.- 17. Februar 2009

LujanFuer zwei Tage lassen wir Buenos Aires hinter uns und fahren in die Pampa. Statt in der Einsamkeit der Pampa finden wir uns nach einer 90 minuetigen Busfahrt in der Stadt Lujan wieder, einem beruehmten Wallfahrtsort mit einer ueberdimensionalen Basilika. Beim Transport einer Marienstatue im Jahre 1630 blieb der Karren mit der Statue auf dem Gebiet des heutigen Lujans stecken und konnte nicht weiterbewegt werden. Dies nahm man als Zeichen Gottes, dass die Marienstatue an diesem Ort bleiben soll und errichtete ihr daraufhin eine Kapelle. Wir besichtigen also die beruehmte Basilika und den Ort, und wollten doch eigentlich in die Pampa. Im Touristenbuero empfiehlt man uns dazu in einer Estancia zu uebernachten, einem typischen argentischen Landhaus. Doch die Kosten liegen weit ueber unserem Budget. So quartieren wir uns doch fuer eine Nacht im Ort ein und fahren am naechsten morgen weiter auf der Suche nach der Pampa.

San Antonio de Areco - 17. - 18. Februar 2009

Pampa Eine weitere Stunde mit dem Bus entfernt liegt der kleine malerische Ort San Antonio de Areco, ein Vorzeigeort in der argentinischen Pampa, in der noch heute die Gauchotradition lebt. San Antonio de Areco Wir treffen auf blankgeputzte Strassen, auf kleine pastellfarbene Haeuschen mit huebschen Vorgaerten und exakt geschnittenen Rasen, jeder Topf und jeder Stein fuegt sich perfekt ins Arrangement ein. Nichts scheint hier dem Zufall oder der Laune der Natur ueberlassen worden zu sein. Und es ist ruhig, sehr ruhig inmitten dieses Dorfes. Von einem argentinischem Ambiente, Gauchos und der Pampa ist nichts zu sehen. Wir fahren nach einer Nacht zurueck nach Buenos Aires und bekommen die Pampa doch noch zu Gesicht. Durch das Busfenster breitet sich vor uns eine landwirtschaftlich genutzte fruchtbare Ebene mit vielen Mais- und Getreidefeldern aus.

El Calafate - 20. - 23. Februar 2009

Nicht ohne Grund klebt an allen Ecken der Name "El Calafate" in Gestalt des Monopolylogos. Es ist ein teures Pflaster. Wir werden hier in gut zwei Tagen mehr Geld los, als andernorts in einer Woche. Doch wir weinen dem Geld keine Traene nach. Traenen gab es aus einem ganz anderen Grund.

Der Flieger landet leicht verspaetet. Es wird eng. Der Shuttlebus wartet schon, hoffentlich dauert es nicht mehr lang bis zum Hostel. Es ist Freitag 17.30 Uhr, als wir es endlich erreichen. Ich werfe meine Sachen ab, Laptop raus und El Calafate dann kann ich endlich den Livestream verfolgen. Warum sitzen wir ausgerechnet immer dann im Flugzeug oder Bus, wenn gerade eines der wichtigsten Spiele des Jahres stattfindet? Im ewigen Derby gegen Herne West gibt es nur ein 1:1, so dass wir uns getrost um die Erkundung Patagoniens kuemmern koennen. Direkt im Hostel bekommen wir einen Satz an Touren angeboten und uns bleiben knapp 30 Minuten, zumindest den naechsten Tag zu planen. Bei den Preisen wird uns allerdings ganz schwindelig, aber warum sollen wir schon direkt zu Beginn unserer Patagonienaufenthaltes Verzicht ueben? Wir beissen auf die Zaehne und buchen zwei Tage Gletschererlebnis. Einen Tag Erkundung per Schiff und einen Tag per Pedes. Zweifel kommen auf, ob wir viel Geld "ins Eis" gesetzt haben.

Um sieben Uhr in der Frueh werden wir abgeholt, und schon kurz nach dem Verlassen der Stadt, kleben unsere Nasen an der Scheibe. Ein knallblauer Himmel ueber uns, am Horizont sehen wir die Andenauslaeufer und vor uns liegt die suedargentinische Steppe in Form von lose verteilten, abwechselnd gruenen und grauen Grasbuescheln. Gut 60 km sind es bis zum Hafen, wo wir auf einen Katamaran umsteigen. In hohem Tempo geht es eine gute halbe Stunde weiter, in der wir Eisberge einen ersten Vorgeschmack bekommen. Kleine Eisbrocken schwimmen durch das Meer, glitzern weiss- und blaeulich. Ein wenig Frust kommt auf, da sich alle im Innenraum aufhalten muessen und wir befuerchten, dass wir die Landschaft permanent durch eine Scheibe betrachten. Dann verlangsamt sich die Fahrt. Die Tueren oeffnen sich und alle koennen sich auf dem Schiff verteilen. Keine Scheibe mehr zwischen uns und dem, was direkt vor unserem Schiff im Wasser liegt: Hier treiben riesige Eisbrocken, die sich vom nahegelegenen Gletscher geloest haben. Ueber uns schieben sich Wolkenmeere ueber die Landschaft, aber diese lassen der Sonne genug Raum, dass sie ihren Weg nach unten findet. Ihre Strahlen brechen sich im Eis, so dass es nicht glasig aussieht, sondern sich in den schillernsten Blautoenen praesentiert. Je nach Dichte des Eises schimmert es oberflaechlich weiss und ist gleichzeitig mit tiefblau leuchtenden Spalten durchsetzt. Der naechste glueht hellblau, waehrend ein im Wolkenschatten liegender Eisberg eher graeulich wirkt und in einem schwachen Blau flimmert. Ein Farbspektakel, wie wir es noch nie zuvor gesehen haben. Es geht weiter in langsamer Fahrt, durch die Eisberge hindurch, zu unserem ersten, grossen Ziel, dem Spegazzinigletscher. Und wieder Spegazzini setzt die Natur noch einen drauf. Als sei der Anblick des Gletschers allein nicht gut genug, bekommen wir ihn eingerahmt in einem vollstaendigen, leuchtenden Regenbogen zu Gesicht. Als wir uns dem Gletscher naehern, verschwindet dieser zwar, aber das helle Weiss des Gletschers hebt sich nun noch staerker vom Hell- und Dunkelgrau der Berge und vom Blau und Weiss des Himmels ab. Fantastisch. Als dann der Blick herumkreist zu den blau schimmernden, schwimmenden Eiskloetzen, ist es zu spaet. Dieser unbeschreibliche Anblick treibt mir Traenen in die Augen. Der Rest ist Zugabe. Wir schippern noch eine Weile durch das Wasser, vorbei an unzaehligen Eisbergen, aus denen sich die verschiedensten Formen herauskristallisieren und dazu immer wieder dieses Farbenspiel. Es geht noch zum Upsalagletscher. Wir aber stehen nur noch auf dem Schiff, staunen und geniessen. Es ist die schoenste Tour, die wir bislang machen durften. Ein Traum!

Noch schwer beeindruckt vom vorherigen Tag, kleben unsere Nasen wieder an der Scheibe, als es per Bus zu unserem naechsten Erkundungsziel geht. Wir wollen den groessten Gletscher der Region, den Petito Moreno unter die Lupe nehmen. Petito Moreno Auf dem Weg bekommen wir demonstriert, was der Unterschied zwischen unserer teuren Tour und einer sehr teuren Tour ist. An der kurvenreichen Strasse werden wir ploetzlich aufgefordert unseren Blick aus dem Fenster zu werfen. Wir umkurven einen Felsvorsprung und es eroeffnet sich der eindrucksvolle Blick auf den Gletscher am Ende des Tales. Statt am Aussichtspunkt zu halten, faehrt der Bus allerdings nur langsamer. Und alle, die in der linken Haelfte des Busses sitzen haben fuer wenige Sekunden den Genuss auf ihrer Seite. Wir sitzen leider auf der falschen, so dass sich statt des Genusses eher Frust breit macht. Trotz einer Unsumme, die wir hingelegt haben, scheint es noch nicht einmal moeglich, an diesem Ort auch nur fuer fuenf Minuten zu verweilen.
Wir erreichen die Aussichtsplattform des Gletschers. Hier haelt der Bus dann wirklich und wir duerfen uns gnaedigerweise zwei Stunden auf eigene Faust vergnuegen. Die Plattform besteht eigentlich aus mehreren kleinen, Seilschaft verbundenen Plattformen, die einen Blick aus verschiedenen Hoehen und Richtungen auf den gigantischen Gletscher erlauben, der sich langsam aber stetig auf uns zubewegt. Wieder haben wir Glueck mit dem Wetter, so dass er je nach Wolkenlage komplett weiss erstrahlt oder aber ein grauweisses Muster bildet. Zudem sorgt das stetige Wachsen von 1-2m am Tag fuer eine besondere, akustische Untermalung. Es knarrt im Eisgebaelk und immer wieder brechen sich geraeuschvoll Wasseransammlungen ihren Weg durch Teile des Gletschers. Auch Abbrueche an der Frontseite des Gletschers stuerzen sich des oefteren tosend ins Meer und sorgen fuer Unruhe auf dem ansonsten spiegelglatten Wasser. Ein interessantes Schauspiel, dass allerdings nicht an den Vortag heranreicht.
Nach zwei Stunden geht es wieder in den Bus. Wir fahren zum Fusse des Gletschers. Mit dem Boot geht es auf die andere Seite zum eigentlichen Hoehepunkt des Tages. Uns werden Spikes angelegt und in einer langen Kette trampeln wir auf Riesenmoreno ausgelatschten Wegen ueber den Gletscher. In diesem Teil, wo sich so mancher Tourist hinverirrt, ist das Eis leider nicht mehr leuchtend weiss. Es ist tief grau. Wenigstens bekommen wir in einiger Entfernung tief blaue Spalten im leuchtenden Weiss zu Gesicht und auch die Beobachtung der anderen "Seilschaften" ist spannend. Unser Guide liefert nicht nur viele interessante Informationen, er schlaegt uns auch regelmaessig eine Bruecke in Form von Stufen ins Eis, da es trotz Spikes eine wackelige Angelegenheit ist, sich ueber die vielen Huegel und Spalten fortzubewegen. Nach zwei interessanten Stunden geht es zurueck. Doch zum Abschluss gibt es noch "eisgekuehlten" Sekt zum Firmenjubilaeum des Tourveranstalters. Die anschliessende Wartezeit auf das Boot nutzen wir noch einmal fuer eine Annaeherung an den Gletscher, dessen Dimension schwer vorstellbar ist. Und der Gletscher ist nur ein kleiner Auslaeufer einer riesigen Eisplatte, die sich auf diesem Teil der Anden befindet und eine der groessten Trinkwasserreserven der Welt darstellt.
Wir sind erschlagen von einem beeindruckenden und einem interessanten Tag Gletschererkundung. Es war ein toller Einstieg in die einzigartige Landschaft Patagoniens.

El Chalten - 23. - 28. Februar 2009

Schon vor unserer Ankunft in El Chalten muessen wir unsere geplanten Wandertage in Zweifel ziehen, da auf dem Weg zum Busbahnhof ein unguenstig gelegener Stein meinen Fuss zum umknicken bringt. In El Chalten angekommen lasse ich zuerst meinen Fuss verarzten und hoffe dass der Arzt recht behaelt, dass ich mit der Bandage wandern gehen kann. Da das Wetter am kommenden morgen traumhaft ist, brechen wir bereits frueh zu unserer ersten Wanderung auf. Unser heutiges Ziel ist der Weg zum argentinischen Turmberg, dem

Cerro Torre

Cerro Torre der mit 3.133 Hoehenmetern doch etwas hoeher und eindrucksvoller ist als sein Karlsruher Gegenstueck. Nach einer Stunde Fussmarsch erreichen wir den ersten Aussichtspunkt und geniessen die Aussicht auf den markant schoenen Gipfel des Cerro Torre. Da ich mit Bandage gut laufen kann setzen wir unsere Wanderung fort. Die naechsten zweieinhalb Stunden gehen wir durch eine atemberaubend schoene Landschaft. Immer das Ziel den Cerro Torre im Auge streifen wir durch Bannwaelder, an glitzernden Bachlauefen, kleinen Seen und sattgruenen Wiesen vorbei. Wir sind wir verzaubert von der der Weite, Unberuehrtheit und Schoenheit der Natur. Schon satt von den Eindruecken der Wanderung packen wir an der Lagune Cerro Torre am Fusse des gleichnamigen Berges doch unser Vesper aus und geniessen die Pause und den freien wolkenlosen Blick auf einen Berg, der wegen seiner glatten Felswaende unter Bergsteigern zu den schwierigsten Gipfeln der Welt zaehlt. Dann geht es denselben Weg dreieinhalb Stunden zurueck.

Fitz Roy

Am naechsten Morgen sieht es nach Sturm und Regen aus und faul drehen wir uns im Bett noch einmal um, anstatt frueh aufzustehen. Wir freuen uns beide auf einen Tag zum Ausspannen. Doch das schlechte Wetter haelt nicht Panorama Fitz Roylange an, um 11 Uhr strahlt die Sonne vom Himmel und dass heisst natuerlich: Wanderschuhe anziehen und auf geht`s. Fuer unseren urspruenglichen Plan, die 10-Stunden Wanderung zum Fitz Roy Berg, finden wir es eigentlich schon zu spaet. Aber wegen des schoenen Wetters wollen wir zumindest bis zum ersten Aussichtspunkt laufen. Dieser ist trotz Anstieg schnell erreicht und das traumhafte Bergpanorama und die freie Sicht auf den Fitz Roy ermutigen uns weiterzugehen. Schneller als erwartet kommen wir voran und stehen nach insgesamt drei Stunden Wanderung schon am Fuss des Fitz Roy. Der ungebrochene Blick auf diese traumhafte patagonische Landschaft schien uns Fluegel verliehen zu haben. Jetzt steht noch ein einstuendiger Anstieg vor uns, hinauf zur Laguna de las Tres, hinter der sich der Fitz Roy erhebt. Beim Aufstieg habe ich meine Fluegel wieder verloren, ich quaele mich den nicht enden wollenden Pfad aus Schotter und Steinen hinauf. Die Sonne wird immer heisser, der Schatten immer rarer, der Durst und die Erschoepfung immer groesser, der Unwillen auch. Dann komme ich doch oben an und schaue ueber die blau glitzernde Lagune auf einen der bekanntesten Gipfel der Welt. Nur eines ist fast unertraeglich. Und ich meine nicht den unertraeglich schoenen Anblick der Landschaft die sich bis zum Horizont unter uns ausdehnt. Nein, es ist der patagonische Wind, der ueber das Bergmassig hinwegweht und uns mit voller Wucht entgegenschlaegt und uns aus dem Gleichgewicht bringt. Die hier geplante Pause muessen wir verschieben. Ich mache schnell ein zwei Fotos, schaffe es gluecklicherweise dabei nicht umgeweht zu werden und verlasse dann fluchtartig den Sturmbereich. Am Fuss des Berges legen wir dann endlich, bei wenig Wind eine Pause ein. Fitz Roy Wir haben kaum Proviant und Wasser dabei, da wir nicht auf diese grosse Wanderung eingestellt waren, aber zum Glueck kann man im gesamten Park das Wasser aus den Bachlaeufen trinken. Ueber den Geschmack laesst sich streiten, aber wer Durst hat trinkt lieber Bachwasser als kein Wasser. Trotz der unveraendert bezaubernden Landschaft kommen unsere Fluegel auf dem Rueckweg nicht zurueck. Wir liegen trotzdem gut in der Zeit, statt 9 Stunden haben wir nur 7,5 gebraucht als wir wieder am ersten Aussichtspunkt ankommen. Von hier ist es noch eine gute Stunde bis nach El Chalten zurueck. Normalerweise. Waere da nicht diese grosse Wurzel, in der man sich leicht mit einem Fuss verfangen kann, oder auch mit beiden. Schon wieder eine Situation in der die Fluegel geholfen haetten, die wir leider schon am Fuss des Berges verloren haben. Es geht abwaerts fuer Markus. Im grossem Bogen mit dem Kopf voran. Er hat Glueck im Unglueck und kommt mit ein paar Schrammen, einer Rippenprellung und einer Platzwunde davon. Und wo der Arzt zu finden ist, wissen wir ja auch schon. Nur das letzte Stueck zurueck ist nun keine wahre Freude mehr.

Wasserfall

Nach zwei Wandertagen ist uns beiden nach Erholung zumute, aber auch heute ist das Wetter zu schoen um die Wanderschuhe in der Ecke stehen zu lassen. Mit mueden Fuessen und Blessuren brechen wir zu einer kurzen Wanderung zu einem Wasserfall auf. Der Weg ist die meiste Zeit gleichzeitig eine Strasse und dementsprechend eintoenig und langatmig. Nach gefuehlten drei Stunden, obwohl wir nur eine unterwegs waren, treffen wir endlich beim Wasserfall ein. Jetzt schnell wieder zurueck, wir sind genug gewandert und haben die Schoenwetterpflicht erfuellt. Und am naechsten Tag ist endlich das Wetter schlecht, wir koennen guten Gewissens faulenzen.


Umleitung Unsere Reise geht in Chile weiter. Wer die Artikel in chronologischer Reihenfolge lesen moechte, der wechselt an dieser Stelle auf die Chile Seite


Salta - 27.- 30. Maerz 2009

Argentinien hat uns ueberzeugt. Es wirft unsere urspruengliche Routenplanung ueber den Haufen. Statt von Chile direkt Salta nach Bolivien zu reisen, schlagen wir noch einen Haken. Nach dem faszinierenden Buenos Aires und dem knalligen Patagonien zieht es uns wieder unter den blauweissen Himmel Argentinien. Wir erkunden Salta im aeussersten Nordwesten.
Schon der Weg vom Busbahnhof zum unserem Hostel am spaeten Abend zeigt uns, dass Salta eine gemuetlliche Stadt mit viel Gastronomie ist. Und dies bestaetigt sich auch am naechsten Tag, als wir das Zentrum mit seinen auffaelligsten Markenzeichen, den Kolonialbauten und den vielen Kirchen erkunden. Rund um den zentralen Platz mit seinen Arkaden haben sich unzaehlige Restaurants und Kneipen angesiedelt, von wo wir das alltaegliche Geschehen hautnah beobachten koennen. Die angrenzende Einkaufsstrasse wirkt etwas zu klein geraten, da sich unzaehlige Menschen hier hindurchschieben, vor und vor allem nach der Siesta bis spaet in den Abend hinein. Und gerade am Abend verbreitet die Salta Kirche Stadt eine besonders schoene Atmosphaere, wenn viele der Kolonialbauten und alle Kirchen im hellen Scheinwerferlicht erstrahlen.
Fuer die Umgebung bleibt leider keine Zeit, uns zieht es zu diesem Zeitpunkt Richtung Bolivien und sind zudem noch ziemlich gesaettigt von San Pedro de Atacama, so dass wir uns nur zu einem kleinen Ausflug auf den Hausberg der Stadt aufraffen koennen. Doch dieser ist beim Sonnenuntergang sehr lohnenswert, wenn die Stadt in den Sonnenschatten taucht um dann im gleissendes Gelb der Laternen wieder aufzuleuchten.
Unser kleiner Abstecher hat sich gelohnt. Salta ist ein gemuetliches Plaetzchen und das argentinische Essen - wir werden es vermissen.

Humahuaca - 30.- 31. Maerz 2009

Langsam schlagen wir den Weg Richtung Bolivien ein. Zuvor wollen wir uns allerdings noch fuer einige Tage im 8000-Seelen Dorf Humahuaca in einem schoenen Cabana im Gruenen erholen und uns dort langsam an die Hoehenluft gewoehnen. Immerhin liegt Humahuaca schon auf 2940 Hoehenmetern, die Luft ist spuerbar duenner und der Rucksack fuehlt sich gleich zehn Kilogramm schwerer an.
Langsam quaelt sich der Bus die rund 1700 Hohenmeter von Salta hinauf. Die Strasse fuehrt durch die wunderschoene Quebrada de Humahuaca, einer weiten Schlucht mit Bergen, die in den schoensten Farben leuchten und an deren Haengen gigantischen Kakteen wachsen. Humahuaca ist ein kleiner Ort mit einstoeckigen lehmfarbenen Haeusern am Fluss Rio Grande. HumahuacaIm Gegensatz zu seinem Namen ist der Fluss zu dieser Jahreszeit jedoch eher ein Baechlein. Die Cabanas El Cardon, in denen wir in den naechsten Tagen gerne unterkommen moechten, liegen ca. 10 Gehminuten von Busbahnhof entfernt etwas ausserhalb des Ortes. Wir sind erst zwei Minuten unterwegs, als von einem Augenblick auf den anderen unsere ganzen Plaene zunichte gemacht werden und einige der anstrengendsten Tage dieser Reise beginnen. Ein Schaeferhund, der die Strasse hinunter gelaufen kommt laueft nicht wie alle anderen Hunde, die uns auf dieser Reise schon begegneten, an uns vorbei, sondern setzt auf unserer Hoehe zum Sprung an und erwischt mich am Oberarm. Der Biss ist nicht schlimm und der Arm noch dran, doch wir konsultieren sicherheitshalber das oertliche Krankenhaus um abzuklaeren, ob eine Tollwutimpfung notwendig ist. Wie in so vielen Orten zaehlt auch in Humahuaca das Krankenhaus zu den aeltesten und wenig einladenden Gebaeuden der Stadt. Leere Flure mit grauen Boeden und abbroeckelnder Farbe erwarten uns. Wir muessen warten, denn erst ab 17 Uhr ist Sprechstunde. Der Arzt setzt mich dann ohne zu zoegern auf die Liste seiner Tollwutpatienten, auf der, wie ich sehen kann, in den letzten zwei Wochen schon gut 20 neue Patienten eingetragen wurden. Mit den Impfungen, die ich schon in Deutschland bekommen habe, kennt er sich nicht aus und verschreibt mir fuer die naechsten sieben Tage eine Impfung taeglich. Unsere ganze Verstaendigung wird zudem durch unsere mickrigen Spanischkenntnisse erschwert. Nach zwei Tagen und zwei der sieben Impfungen entschliessen wir uns die viereinhalb Stunden zurueck nach Salta zu fahren. Denn wir haben inzwischen aus Deutschland die Information erhalten, welche Impfstoffe ich nehmen kann, und dazu gehoert nicht der, den die Klinik hier verwendet. Auch in den Apotheken vor Ort ist keines der empfohlenen Praeparate zu bekommen. Der nicht auftreibbare Impfstoff in Humahuaca, die Ungewissheit ob wir in Salta fuendig werden, die Wichtigkeit einer adequaten Behandlung einer moeglichen Tollwutinfektion, die unbehandelt kein gutes Ende nimmt und die voranschreitende Zeit zehren stark an meine Nerven. Diese liegen sozusagen blank als wir kurz vor Abfahrt nach Salte stehen. Zu allem Ueberdruss landen wir in einem Bus mit kaputten Lautsprechern und mussen vier Stunden lang Actionfilme in voller Lautstaerke als aechzendes und rauschendes Droehnen ertragen. Da der Bus zudem noch Verspaetung hat, kommen wir erst gegen Mitternacht in Salta an und das erste Hostel, was wir finden, entpuppt sich als lautes Partyhostel und unser Zimmer liegt zusaetzlich auch noch an der Hauptverkehrsstrasse. Na dann Gute Nacht.

Salta - 31.Maerz- 08. April 2009

In Salta gehen wir nach einer schlaflosen Nacht erneut auf die Suche nach dem richtigen Impfstoff und einem anderen Hostel. Die Suche in den Apotheken, in einer Klinik und bei einem Arzt verlaeuft genauso ergebnislos wie in Humahuaca. Der Impfstoff ist weder vorraetig, noch kann er bestellt werden. Gegen Abend werden wir wider Erwarten tatsaechlich in einer anderen Klinik fuendig. Hier gibt es neben dem lokalen Impfstoff auch den, den wir suchen. Nur ist schon sechs Uhr abends als wir in der Klinik ankommen, das heisst Feierabend, und am naechsten Tag zu allem Uebel auch noch ein Feiertag. Und in dieser Zeit passiert hier nicht viel. Die Pforte ist bereits geschlossen als wir hier eintreffen, doch wir konnten immerhin in einem Nebeneingang die Information ueber die hier verwendeten Impfstoffe bekommen, bleibt nur zu hoffen, dass die Informationen stimmen. Jetzt heisst es warten bis Freitag frueh. Schon frueh stehen wir also zwei Tage spaeter wieder in der Klinik. Diesmal hat die Pforte geoeffnet und Hunderte von Menschen draengen sich bereits in den Fluren. Wir muessen zur Tuer mit der Aufschrift "Zoonosis", hier wartet niemand ausser uns. Und diesmal ist das Glueck mit uns, die uns gegebenen Infos stimmten, der gesuchte Impfstoff ist vorhanden, die Impfung schnell erledigt und zudem auch noch kostenlos. Die Anspannung faellt endlich von mir ab. In drei Tagen muessen wir wiederkommen zur zweiten und letzten Impfdosis. Die naechsten Tage in Salta vergehen ereignislos. Wir sind beide von dem Stress der letzten Tage, dem tief sitzenden Schrecken und der grossen Ungewissheit ausgelaugt und brauchen dringend Ruhe.

Humahuaca - 08.- 16. April 2009

Nach sieben Tagen in Salta fuehle ich mich leider immer noch nicht reisetauglich. Die vier Tollwutimpfungen innerhalb einer Woche waren doch sehr viel und ich bin eigentlich nur noch muede und ausgelaugt. Unser Hotel mitten in der Bungalow HumahuacaInnenstadt von Salta verspricht leider auch nur begrenzt Erholung. So entschliessen wir uns Humahuaca eine zweite Chance zu geben, denn die Umgebung dort hat die besten Vorraussetzungen zur Erholung: wir sind mitten im Gruenen, haben einen Bungalow fuer uns allein, Ruhe rund um die Uhr, ein bequemes Bett, eine eigene Kueche, einen wundervollen Ausblick, viele Pferde vor der Haustuer und mit Marcello und Claudia, den Inhabern der Cabanas, wahrhaft gastfreundliche Menschen ein Haus weiter, die sich geduldig unser Spanisch anhoeren, uns mit Spanisch Lehrbuechern, Mueckensteckern und allem moeglichen versorgen. Und es werden tatsaechlich neun Tage, die wir hier verbringen. Und nach ein paar erholsamen Tagen ziehen wir so langsam wieder los zur Erkundung der Umgebung. AusrittAuch einen kleinen Ausritt hoch zu Ross lassen wir uns nicht entgehen. Mit Marcello reiten wir durch die Umgebung Humuhuacas und kehren muede und sehr entspannt nach drei Stunden in die Cabana zurueck. Das lag sicher auch an den beiden ruhigen Pferden, die Markus und ich reiten durften. Genuegsam, wenn nicht sogar faul trotteten die beiden langsam durch die Gegend und konnten sich nur schwer dazu bewegen lassen einen Schritt schneller zu gehen. Diese etwas eigensinnigen Pferde haben unsere ganze Sympathie gewonnen.

Purmamarca

Zur Erkundung der weiteren Umgebung starten wir mit einem halbtaegigen Ausflug, der uns nach Purmamarca fuehrt, einem kleinen malerischen Ort, der vor allem wegen seines Cerro de siete colores, dem Siebenfarbenberg bekannt ist. cerro de siete coloresEin weites Farbspektrum, von terracotta bis gruen zeigt sich hier in einem einzigen Berg. Daneben gibt es noch einen schoenen Kunsthandwerksmarkt rund um die Plaza. Das macht Purmamarca zu einem Anziehungspunkt fuer viele Tagesausfluegler und Urlauber, so dass schon vormittags reges Treiben von Touristen aus aller Welt herrscht. Rund um den Siebenfarbenberg gibt es einen halbstuendigen Wanderweg, von dem aus weitere bunte Berge, Schluchten und Kakteen zu sehen sind. Erstaunlicherweise gehoeren wir zu den wenigen Ausnahmen, die diesen weiten Weg zu Fuss zuruecklegen. Dafuer duerfen wir einem interessanten Schauspiel beiwohnen, dass uns dazu bringt einfach nur dazustehen, zu schauen und uns mit offenen Muendern staunen laesst. Jedoch nicht vor zitternder Spannung oder umwerfender Schoenheit, sondern vor Fassungslosigkeit. Im langsamen Entenmarsch fahren die Touristen aus aller Welt in purmamarcaAutos den ausgewiesenen "Wanderweg" ab, um in den Genuss der landschaftlichen Schoenheit zu kommen. Die Erinnerungsfotos werden aus dem FAHRENDEN Auto heraus geschossen, manch einer stoppte sogar fuer Sekundenbruchteile, in denen der Beifahrer dann schnell auf den Ausloeser druecken konnte, und weiter gehts. Ein paar Minuten, ein paar mit Glueck unverwackelte Fotos, und die Strecke ist im Auto absolviert. Immerhin konnten sich die meisten zu derart viel Aktivitaet hinreissen lassen, dass sie ihren Arm bewegten um das Fenster herunterzukurbeln oder zumindest den kleinen Knopf fuer die elektrischen Fenster drueckten.

Iruya - Ostersonntag

Es heisst die Strecke nach Iruya ist eine der schoensten in ganz Argentinien und auch Iruya allein soll seinen Reiz haben. Dafuer nehmen wir gerne eine dreistuendige Fahrt fuer die 66 km in Kauf, auch wenn uns vor Ort nur 2,5 Stunden bleiben, bis der letzte Bus zurueckfaehrt. Die Fahrt fuehrt uns durch mehrere Fluesse und zeitweise sind Strasse und Fluss kaum zu unterscheiden. Dann geht es hoch hinaus ueber den 4000 Meter hohen Pass Abra del Condor, von wo aus sich pass abra del condordie Strasse in unzaehligen Haarnadelkurven den Berg hinab windet bis zur Quebrada de Iruya. Vom Pass eroeffnet sich ein spektakulaerer Blick auf eine dichte, weisse Wolkendecke, die sich ueber das Tal gelegt hat und es nun sanft einhuellt. Alle Reisenden sind dankbar fuer den kurzen Stop am hoechsten Punkt dieser Fahrt und nutzen die Gelegenheit fuer ein paar Fotos. So watteweich und schoen die Wolken auch aussehen wenn man sich ueber ihnen befindet, so kalt und grau ist es wenn man in sie eintaucht und den Tag unter ihnen verbringt. Die weitere Strecke fuehrt im Tal mehrmals durch einen Fluss, doch dieser fuehrt mehr Wasser als die Baeche die wir schon durchquerten. Fuer ein paar Minuten scheint es unklar, ob wir ueberhaupt weiterfahren. Der Busfahrer kommt am Rand des Flusslaufes ins zoegern uns zieht erst mal mit seinem Kollegen und Schaufel zur genaueren Inspektion los. Als mehrere kleine Autos mit Zoegern und ein anderer Bus ohne Zoegern den Fluss durchqueren, fasst sich auch unser Busfahrer flussueberquerungein Herz und passiert ohne ersichtliche Probleme. Iruya selbst besteht aus wenigen Haeusern, die sich unterhalb hoher Felswaende in ein Tal hinein schmiegen. Auch zahlreiche tierische Vertreter sind hier zuhause. Pferde versperren uns in engen Gassen den Weg und nur mit viel Mut trauen wir und andere uns, die enge Luecke zwischen Pferdehintern und Hauswand zu passieren. Esel kreuzen unseren Weg, Katzen schmiegen sich an unsere Beine und Schweine sind unterwegs auf Futtersuche. Und Hunde gibt es natuerlich auch. Und was wir in San Pedro de Areco damals erwarteten, aber nicht antrafen gibt es hier: echte Gauchos, dass heisst elegante und stolze Maenner in prachtvoller Kleidung.


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